Freitag, April 27, 2007

Angst folgt Abwesenheit

...aber ich denke, dass ich Entspannung zuerst erstreben soll, und dann die Angst erfahren. Bald, unter 24 Stunden, werde ich euch verlassen. Ich bin nicht sicher, wie kalt oder windig da wird, aber, ich werde nicht zu viel mitbringen. Nur ein paar Kleidung, und alles meine Buecher! Lieber Franz, du bist immer mit mir... Und sollen wir durchbrennen?

Urlaub, ich komme zu!

(kommt mit einer Lampe und einem Glas Wasser aus der Kammer; sie setzt das Glas auf den Tisch und tritt ans Fenster)

Brackenburg? Seid Ihr’s? Was hört’ ich denn? noch niemand? Es war niemand! Ich will die Lampe ins Fenster setzen, daß er sieht, ich wache noch, ich warte noch auf ihn. Er hat mir Nachricht versprochen. Nachricht? Entsetzliche Gewißheit! – Egmont verurteilt! – Welch Gericht darf ihn fordern? und sie verdammen ihn! Der König verdammt ihn? oder der Herzog? Und die Regentin entzieht sich! Oranien zaudert, und alle seine Freunde! – – Ist dies die Welt, von deren Wankelmut, Unzuverlässigkeit ich viel gehört und nichts empfunden habe? Ist dies die Welt? – Wer wäre bös genug, den Teuern anzufeinden? Wäre Bosheit mächtig genug, den allgemein Erkannten schnell zu stürzen? Doch ist es so – es ist – O Egmont, sicher hielt ich dich vor Gott und Menschen, wie in meinen Armen! Was war ich dir? Du hast mich dein genannt, mein ganzes Leben widmete ich deinem Leben. – Was bin ich nun? Vergebens streck ich nach der Schlinge, die dich faßt, die Hand aus. Du hülflos und ich frei! – Hier ist der Schlüssel zu meiner Tür. An meiner Wilkür hängt mein Gehen und mein Kommen, und dir bin ich zu nichts! – – O bindet mich, damit ich nicht verzweifle; und werft mich in den tiefsten Kerker, daß ich das Haupt an feuchte Mauern schlage, nach Freiheit winsle, träume, wie ich ihm helfen wollte, wenn Fesseln mich nicht lähmten, wie ich ihm helfen würde. – Nun bin ich frei, und in der Freiheit liegt die Angst der Ohnmacht. – Mir selbst bewußt, nicht fähig, ein Glied nach seiner Hülfe zu rühren. Ach leider, auch der kleine Teil von deinen Wesen, dein Klärchen, ist wie du gefangen und regt getrennt im Todeskrampfe nur die letzen Kräfte. – Ich höre schleichen, husten – Brackenburg – er ist’s! – Elender guter Mann, dein Schicksal bleibt sich immer gleich; dein Liebchen öffnet dir die nächtliche Tür, und ach zu welch unseliger Zusammenkunft!